In der Öffentlichkeit besteht oft die vorgefasste Meinung, dass alte Getreidearten von sich aus gut sind, da sie züchterisch kaum bearbeitet wurden. So sollen sie besonders hohe Nährstoffgehalte haben und gegen Krankheiten resistent sein. In Wirklichkeit haben sie aber auch deutlich weniger Ertrag, sind schwieriger zu verbacken und schon gar nicht von Haus aus krankheitsresistent. Lesen Sie hier über die Herausforderungen, die auch im Emmeranbau bestehen.
Wenn sie mit unseren heutigen Krankheitserregern konfrontiert werden, sind sie den neuen Virulenzen häufig nicht gewachsen und dann besonders anfällig, denn zu ihrer Zeit gab es diese heutigen, hochaggressiven Pathogenpopulationen noch gar nicht. Gelbrost ist das beste Beispiel: Die heute dominante Warrior(–) Rasse erschien erstmals 2013 in Mitteleuropa.
Emmer stammt wie alle Weizenarten aus dem Fruchtbaren Halbmond und wurde auf dem Gebiet des heutigen Israels und Syriens schon vor rund 12.000 Jahren erstmals angebaut. Zu uns kam er durch die Bandkeramiker zusammen mit Einkorn, Gerste, Lein und Hülsenfrüchten vor etwa 7.500 Jahren. Seine große Zeit dauerte bis etwa zur Bronzezeit, danach wird er durch andere Getreidearten ersetzt. Im Mittelalter verschwand er ganz aus den archäologischen Funden. Heute ist er eher ein Liebhabergetreide, das aber gerade im Ökologischen Anbau Freunde gefunden hat. Er bringt auf mageren, wenig produktiven Standorten eine höhere Wertschöpfung als Weizen, wenn Abnahmeverträge mit Mühlen bestehen, und kann ähnlich wie Dinkel zu wohlschmeckenden Broten und Gebäcken verarbeitet werden.
Anfälligkeit auf Gelbrost
Gelbrost ist im Emmer ein besonderes Problem. Deshalb haben wir an der Universität Hohenheim ein großes Sortiment von 143 Winter-Emmertypen auf mehrere Krankheitsresistenzen untersucht, die aus dem eigenen Zuchtprogramm sowie verschiedenen Genbanken stammten. Dabei wurde bei Gelbrost der natürliche Befall an zwei Orten in 2019 und 2020 beobachtet. Es ergab sich eine quantitative Verteilung von wenig bis hoch anfällig. Die beiden besten Herkünfte waren eine Selektion aus der Genbank sowie die Sorte ‚Späths Albjuwel‘, die vier anderen kommerziell erhältlichen Sorten sind hoch anfällig. Die resistentesten Emmer unterschieden sich nur wenig von der Brotweizensorte ‚Genius‘, die in der deutschen Beschreibenden Sortenliste mit der Note 3 eingestuft ist, die Brotweizensorte ‚Julius‘ hatte damals die Note 4.
Eine Untersuchung mit DNS-Markern ergab, dass in diesem Sortiment neun Gene für Gelbrostresistenz aktiv sind, von denen aber nur drei einen größeren Effekt haben. Zusammen konnten sie den Befall um knapp drei Boniturnoten senken. Dieses Wissen ist eine gute Ausgangsbasis, um neue gelbrostresistente Sorten zu entwickeln. Denn die anderen Sorten, die im Vertrieb sind, erwiesen sich als hochanfällig. Dies bestätigte sich 2024 in Süddeutschland, wo aufgrund des vielen Regens der Gelbrost besonders stark zuschlug. Aber es gibt im Zuchtgarten immer auch resistentes Material.
Das Problem mit den Ährenfusariosen
Ährenfusariosen befallen alle Getreidearten, auch Dinkel und Emmer. Die Tatsache, dass sie Spelzweizen sind, schützt sie nicht vor Ähreninfektionen, da auch Spelzweizen während der Blüte ihre Ährchen spreizen müssen, um nach der Befruchtung die verblühten Staubbeutel auszuwerfen. Dies ermöglicht es dem Pilz in das Blütchen einzudringen und bei anfälligen Sorten eine Infektion zu setzen. Auch bei dem Befall mit Ährenfusariosen gibt es große Unterschiede im Sortiment.
Die besten neuen Zuchtstämme sind bereits deutlich resistenter als die bekannten Sorten und auch im Kornertrag durchaus konkurrenzfähig. Die Sorte Osiris zeigt, wie anfällig ein Emmer sein kann. Bei Brotweizen werden in Deutschland nur noch Sorten mit der Note 6 oder besser zugelassen, in einigen Bundesländern werden sogar nur noch Sorten bis Note 5 geprüft. Hintergrund ist die Tatsache, dass anfällige Sorten nicht nur weniger Ertrag haben, sondern eine große Menge Mykotoxine anreichern, die schädlich für Mensch und Tier sind. Dies dürfte bei Emmer nicht viel anders sein, obwohl noch keine Toxinwerte vorliegen.
Die Ertragsdaten zeigen, dass moderner Winteremmer durchaus leistungsfähig sein kann, auch wenn er noch nicht ganz an Dinkel oder ökologisch produzierten Winterweizen heranreicht. Ein großes Problem des Emmers ist seine Langstrohigkeit und damit verbunden seine Lageranfälligkeit, obwohl solche Versuche mit deutlich weniger Stickstoff gedüngt werden als Brotweizen. So waren in unserem Versuch Wuchshöhen von 150 cm häufig, der längste Stamm hatte sogar 164 cm, die Lagerbonitur lag zwischen 1,2 und 7. Die Einkreuzung eines Kurzstrohgens aus Durumweizen, des so genannten Gens Rht-B1 (=Rht1), führt zu einer deutlichen Verringerung der Wuchshöhe. Die Kurzstrohstämme hatten dann nur noch eine Wuchshöhe von 90-120 cm und eine Lagerbonitur von 1 bis 3. Allerdings stellte sich heraus, dass die 12 Kurzstrohemmer deutlich anfälliger für Ährenfusariosen sind. Nach den Erfahrungen bei Brot- und Durumweizen wird diese erhöhte Anfälligkeit durch das Kurzstrohgen bewirkt. Dies ist noch deutlicher bei natürlicher Infektion, weil der Pilz vom Boden her angreift und bei kürzeren Halmen eine deutlich geringere Distanz zur Ähre zu überwinden hat. Deshalb muss hier züchterisch weitergearbeitet werden, um die Kurzstrohemmer ebenso wenig anfällig zu bekommen wie die Normalstrohvariante. So könnte man einen Kurzstroh-Stamm mit dem Fusarium-resistentesten Zuchtstamm kreuzen und Nachkommen selektieren, die das Kurzstrohgen haben und trotzdem Fusarium resistent sind. Das ist das tägliche Geschäft der Pflanzenzüchtung.
Fazit
Das Ergebnis unseres Versuches mit 143 Emmergenotypen zeigt, dass auch alte Getreide wie Emmer anfällig gegenüber modernen Schadpilzen sind. Das ist auch kein Wunder, denn sie wurden bisher kaum züchterisch bearbeitet. Trotzdem gibt es in diesem Sortiment sowohl für Gelbrost als auch für Ährenfusariosen resistentere Stämme, die es zu jetzt selektieren und weiterentwickeln gilt. Dabei spielt natürlich auch der Ertrag eine wichtige Rolle. Das Kurzstrohgen macht den Emmer leistungsfähiger und besser handhabbar im Feld. Es erhöht aber eindeutig den Befall mit Ährenfusariosen. Hier muss züchterisch gegengesteuert werden, um die Marktnische mit Emmer zu erhalten oder noch auszubauen.