„Die anhaltend schwierige Situation am Zuckermarkt hat nun zu dem geführt, was die Rübenbauern und die Zuckerindustrie in den letzten Jahren gemeinsam versucht haben, abzuwenden: Es ist ein trauriger Moment, wenn eine jahrzehntelange Tradition im Marchfeld nun mit der dauerhaften Schließung der Zuckerfabrik Leopoldsdorf der Geschichte angehört!“, resümiert der Präsident der Vereinigung DIE RÜBENBAUERN, Ernst Karpfinger, die gefasste Entscheidung.
Mit dem Abschaffen der europäischen Zuckerproduktionsquoten 2017 kam der Rübenanbau in Österreich in starke Turbulenzen. Durch die Deregulierung der europäischen Produktion wurden in Europa, insbesondere in den großen Produzentenländern, die Flächen massiv ausgeweitet, was letztlich in einem Preisverfall mündete, der auch Österreich nicht verschonte.
Als Folge haben viele Rübenbauern die Freude an der Zuckerrübenproduktion verloren und stellten diese ein. Nachdem dann zudem noch das massive Auftreten des Rübenderbrüsslers in den letzten Jahren bis zu 25% der ausgesäten Fläche vernichtete und darüber hinaus notwendige Pflanzenschutzmittel für eine gesicherte Produktion verboten wurden, verschärfte sich die Situation dramatisch.
Bereits 2020 war die Zuckerfabrik Leopoldsdorf gefährdet
Im Jahr 2020 stand der Standort Leopoldsdorf an der Kippe zum Schließen, aber mit vereinten Kräften von AGRANA, Politik und Interessenvertretung ist es gelungen, die notwendigen 38.000 Hektar Rübenfläche für den Fortbestand der Zuckerfabrik aufzubringen.
Zwischenzeitlich stabilisierte sich auch der Markt und die Preise wieder, bis abermals eine weitere Marktstörung einen Preisverfall einleitete. Das Ukraine-Abkommen der Europäischen Kommission mit zunächst unlimitierten und zollfreien Zuckerlieferungen in die Europäische Union machte die Bemühungen der Branche zur Marktstabilisierung zunichte. Die Zuckerpreise sind abermals in den Keller gerasselt.
Da insbesondere der ukrainische Zucker in die Absatzmärkte von AGRANA gelangt, ist es derzeit nicht möglich, den in Österreich über den Eigenbedarf erzeugten Zucker in diesen Regionen, so wie in der Vergangenheit, abzusetzen. Demzufolge hat AGRANA für den Anbau 2025 die Rübenflächen drastisch reduziert.
„Offenbar sieht unser heimisches Zuckerunternehmen keine Perspektive auf Marktverbesserung in ihren Ostmärkten. Dazu müsste das Ukraine-Abkommen wieder auf das Niveau wie vor dem Krieg zurückgeführt werden und dafür gibt es aber seitens der Europäischen Kommission momentan keine Anzeichen. Wir müssen das zähneknirschend zur Kenntnis nehmen und uns diesem Druck beugen“, analysiert Ernst Karpfinger, Präsident der Vereinigung DIE RÜBENBAUERN, die momentan prekäre Situation.
„Es ist sehr bedauerlich, dass die Zuckerfabrik Leopoldsdorf nach über 200-jährigem Bestehen geschlossen wird. Unser gemeinsames Ziel mit AGRANA bleibt weiterhin, die Eigenversorgung mit heimischem Zucker aus österreichischen Zuckerrüben sicherzustellen“, so Ernst Karpfinger weiter.
„Wenn die Europäische Kommission nicht bald die Zeichen der Zeit erkennt und nicht müde wird, weitere Freihandelsabkommen abzuschließen oder bestehende zu erweitern, werden weitere Fabrikschließungen in Europa die Folge sein. Mit jedem zusätzlichen Freihandelsabkommen, wie jenes mit den Mercosur-Staaten, muss eine weitere Zuckerfabrik in Europa geopfert werden und so wird stückweise die Eigenversorgung Europas mit heimischem Zucker aus regionaler Produktion vernichtet“, warnt Ernst Karpfinger.